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Dienstag, 20. Dezember 2011

Unterschiedliche Wahrnehmung - Schwule Geschichte

Dadurch, dass ich in letzter Zeit politisch viel mit deutlich jüngeren Menschen zu tun habe, ergibt sich im Gespräch oft Erstaunliches und für mich Überraschendes.

Zwei Beispiele:

Ein junger Mann schreibt eine Arbeit mit dem Titel "Welchen Einfluss hatte die Schwulenbewegung auf die Streichung des §175". Er ist erstaunt zu hören, dass die völlige Streichung dieses Paragraphen zwar immer eine zentrale Forderung der Schwulenbewegung war, aber erst die Vereinigung mit der DDR eine Änderung brachte, weil dieser § in der DDR nicht (mehr) existierte.
Seinem Fazit, dass die Schwulenbewegung dann ja fast überhaupt "nichts gebracht" habe, konnte ich eine Schilderung des schwulen Lebens Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre entgegensetzen. Ungläubiges Staunen, als er hörte,
- dass es in den Jahren vor 1969 anonymer Sex zwischen schwulen Männern, vor allem wegen der Angst vor Strafverfolgung, eher die Regel als die Ausnahme war,
- dass die wenigen Schwulenkneipen die es in dieser Zeit gab nicht mit bunten Regenbogen und blinkenden Lichtern auf sich aufmerksam machten, sondern dass man schwach beleuchtete Türen mit vergitterter Luke, zwecks Einlasskontrolle und Schutz vor Polizei und Schlägertrupps, suchen musste,
- dass erst ab 1970 schwule Gruppen gegründet wurden, in welchen es Mitglieder mit echten Namen gab,
- dass die Demonstrationen und Informationsstände von Schwulen in den Jahren 1972/1973 die erste Gelegenheit waren, bei denen man Schwule außerhalb von Polizeiwachen und Gerichtssälen öffentlich wahrnahm.
Wurde es denn nicht aufgeschrieben wie es "früher" war? oder wird es nur nicht gelesen oder verstanden?
Ich hoffe ich konnte helfen das Wissen zu mehren.

Der zweite Fall ist lustig, wenn auch ein bisschen traurig.
Ein junger Mann, der früher bei den Grünen war, erzählte mir ganz stolz, dass die Grünen ja die Homoehe eingeführt haben und dass seit dem die Schwulen akzeptiert werden.
Mein ungläubiges Staunen bemerkend, erzählte er von seiner Großmutter, die früher Schwule nicht mochte und sie erst akzeptieren kann, seit sie heiraten dürfen.
Mein Versuch, ihm zu schildern, dass nicht das Heiraten unser dringendstes Bedürfnis war, als wir nach 1969 schwul sein durften wenn wir älter als 21 waren, traf auf Unverständnis.
Mein abschließender Vergleich, dass nach der Sklaverei immerhin in der Apartheit auch Sitzgelegenheiten für Schwarze gekennzeichnet und zur Verfügung gestellt wurden, führte dazu, dass er bis heute nicht mehr mit mir spricht.

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